Nachrüstung : So wird Ihr Rad zum E-Bike
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Manche Konstruktionen sind von vornherein für die Motorisierung ausgelegt. Hier die Lösung von HP Velotechnik. Bild: Hersteller
Nachrüsten oder Neukauf? Eine Frage, die nicht nur Besitzer von Dieseln umtreibt, sondern auch alle, die ein E-Bike wollen.
Wenn es um die Frage geht, ob es überhaupt lohnt, ein Fahrrad im Eigenbau mit einem elektrischen Hilfsantrieb nachzurüsten, gibt es zwei Gruppen von Interessenten, denen mit den üblichen Argumenten technischer und rechtlicher Art nicht beizukommen ist: die Sparbrötchen und die Bastler. Den einen stechen die etwas günstigeren Preise ins Auge: Auch die teuersten Nachrüstsätze liegen unter dem Einstandspreis für ein neues Pedelec, wenngleich auch nur um eine geringe Spanne. Und für die Allesselbermacher ist das eigenhändig gebaute Elektrofahrrad nur ein Abenteuer mehr, gerade weil es ein bisschen vertrackt werden kann, ist es umso spannender.
In den Werbeversprechen ist natürlich alles ganz einfach: Der Umbau ist ein Kinderspiel und setzt kaum mehr Werkzeug und handwerkliche Erfahrung voraus als die Beseitigung eines Platten. Wer diese Sichtweise in Frage stellt, dem wird gern geschäftliches Eigeninteresse und überzogenes Gewinnstreben unterstellt. Klar, wer den Laden mit Pedelecs von 2000 Euro an aufwärts voll stehen hat, der kann doch gar nicht zum Erwerb eines Nachrüstsatzes für 500 oder 600 Euro raten. Und wird es auch nicht im Kundenauftrag anbauen. Ganz richtig, aber das hat nicht nur finanzielle Gründe allein.
Wenn das Fahrrad tatsächlich Qualität ist und nichts technisch gegen die Aufrüstung spricht, wird man es trotzdem schwerhaben, einen Händler oder Fahrradmechaniker zu finden, der fachmännisch einen Umbau vornimmt. Mehr als mit einem völlig anders orientierten Geschäftsinteresse hängt das damit zusammen, dass die Aufrüstung aus dem Monteur einen haftenden Hersteller macht, auch wenn sowohl das Fahrrad als auch der neue Antrieb von Dritten stammen. Der montierende Händler steht nicht nur für seine korrekte Arbeit ein, sondern darüber hinaus für die Konformität des durch seine Arbeit entstandenen und von ihm „in Verkehr gebrachten“ Pedelecs mit einem ganzen Bündel von Normen und Vorschriften wie etwa der jüngst erneuerten europäischen Prüfrichtlinie EN 15194.
Ein Blick in die zu einer umfangreichen Broschüre angeschwollenen Betriebsanleitung eines neuen Elektrorads mit ihren Konformitätserklärungen, Dokumentationen und – öfter bloß amüsierenden – Risikohinweisen lehrt, welchen Aufwand der Händler treiben müsste, um juristisch auf der sicheren Seite mit einem technisch eher simplen Umbau zu sein. Für die Industrie und jede ihrer Pedelec-Baureihen erledigen die umfangreichen mechanischen, elektrischen und chemischen Prüfungen längst Dienstleister, die sich das gut bezahlen lassen: Da ist je Bautyp schon ein fünfstelliger Betrag zu den übrigen Entwicklungskosten zu addieren.
Das entfällt alles beim völlig legalen Selbermachen. Der Fall, dass jemand sein gutes altes Dreigangrad nicht nur mit einem auf 250 Watt beschränkten Motor zum Pedelec umbaut, sondern im Keller daheim durch elektronisches Tuning oder durch einen dickeren Motor mit mehr Leistung ein Leichtkraftrad der Klasse L1e kreiert, das er dann unzulässig ohne Typprüfung und Versicherungskennzeichen bewegt, bleibt hier außen vor. Das ist selbstverständlich illegal.
Die Zahl der Fahrradhersteller, die Räder ihrer Kunden nachträglich elektrifizieren, ist sehr klein. Es sind Manufakturen wie Velotraum in Weil der Stadt, Utopia in Saarbrücken oder der Liege- und Dreiradspezialist HP Velotechnik in Kriftel. Sie bieten in unterschiedlichem Umfang Modelle mit und ohne Motorisierung an. Bei der Nachrüstung, die eine genaue Überprüfung des einzelnen Rades und den autorisierten Umbau voraussetzt, entsteht praktisch eine Modellvariante, ein Pedelec genau so, wie man es auch als Komplettrad kaufen könnte – zu entsprechendem Preis.